Seit 27 Jahren erinnert in Bergisch Gladbach eine Mahnwache an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938, als in deutschen Städten Synagogen und jüdische Geschäfte in Brand gesteckt und vernichtet wurden. Das Signal für die industrielle Massenvernichtung von Menschen jüdischen Glaubens war gegeben.
DGB Köln-Bonn
Der 9. November ist auch eine Mahnung für die Gegenwart, denn Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus sind noch lange nicht überwunden. Die Mordserie der NSU, Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, neonazistische Aufmärsche und rechtsextreme Gruppierungen in Räten und Parlamenten mahnen uns, dass der Schatten der Vergangenheit immer noch auf der Gesellschaft lastet.
Der Titel der Mahnwache „Gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus, für Toleranz und soziale Gerechtigkeit“ zeigt, dass es um mehr geht, als um eine reine Erinnerungskultur: Aus der Vergangenheit lernen und Brücken in die Zukunft bauen. Es geht um ein friedliches und tolerantes Zusammenleben in sozialer Gerechtigkeit.
11. November 2017, 11:00 Uhr, LerbacherWeg 2 (an der Kirche St. Joseph)
ERÖFFNUNG:
Walborg Schröder, VVN-BdA
GRUSSWORTE:
JosefWillnecker, stellvertr. Bürgermeister
Saim Basyigit, Integrationsrat
REDEBEITRÄGE:
Jochen Vogler, VVN-BdA
Patrick Graf, Berg.Gladbach gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit
Janina Hollmann, Studentin
Reimund Smollen, DGB-Netzwerk Rhein-Berg
HINWEIS: Im Anschluss an die ca. einstündige Mahnwache findet ein kurzer Schweigemarsch zur Gedenktafel am ehemaligen Stella-Werk statt.
Hier können Sie die Einladung für die Mahnwache 2017 als PDF-Datei laden.
"...Krieg, Hunger, Bombennächte und Judenverfolgung hat meine Generation die Kriegskinder – am eigenen Leib erlebt. Viele Fragen stellte ich der Muter, wenn plötzlich Nachbarn verschwunden waren. Viele waren im Krieg gefallen, andere im KZ ermordet. Fragen tauchten auf, wenn ich als11-jährige Oberschülerin in der Kreisstadt auf Menschen mit einem gelben Abzeichen traf. Sie mussten vom Bürgersteig auf die Straße ausweichen, wenn ihnen Leute entgegen kamen..."
"... Wir stehen hier gegenüber einem Areal, in dem vor über 72 Jahren in den Stella-Werken von den damaligen Machthabern unliebsame Andersdenkende wie Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten, Centrumsparteimitglieder und Kirchenleute unmenschlich gefoltert wurden, so dass aufgrund von Beschwerden von Nachbarn wegen der Schreie nach etwa zwei Jahren dieses Folterlager geschlossen wurde ..."
"Es bleibt wichtig und notwendig, von den sehr unterschiedlichen Ereignissen und Wendepunkten, die in der Geschichte des 20. Jahrhunderts mit dem Datum 9. November in Deutschland verbunden sind, den 9. November 1938 niemals zu vergessen. Der 9. November 1938 ist Ausdruck eines furchtbaren Zivilisationsbruchs, dessen schreckliche Fortsetzung als Programm „Endlösung der Judenfrage“ uns allen bekannt ist. Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen..."
"...Ich durfte schon im letzten Jahr hier zusammen mit einer Mitschülerin als Vertretung der Integrierten Gesamtschule Paffrath eine Rede halten. Dieses Jahr stehe ich jedoch nicht mehr als Schülerin hier, sondern mittlerweile als Studentin. Das Thema der Mahnwache liegt mir aber natürlich noch genau so am Herzen, wie im letzten Jahr. Deswegen freue ich mich heute wieder, hier sein zu können ..."
"Das einzige womit wir weiterkommen ist, wir müssen wählen gehen. Wo gewann die AfD die meisten Stimmen in dem Bundesland, indem 52 Prozent der Wahlberechtigten zur Wahl gegangen sind. Wir müssen alle wählen gehen."